Wir sind sind gut in Sizilien eingetroffen, genauer gesagt im Süden in der Stadt Agrigent. Diese Stadt ist bekannt aufgrund ihrer griechischen Ausgrabungen. Aber bis wir hierher gekommen sind, hatten wir noch einige spannende Momente zu überstehen.
Am Freitag ging es von Arbatax/Sardinien in Richtung Cagliara, auf die Fähre nach Palermo. Auch wieder entlang herrlicher Straßen durchs Gebirge, war diesmal ein bisschen anstrengend für mich, denn ich hatte mir wohl etwas von “Montezumas Rache “ eingefangen und dadurch einige Flüssigkeit verloren, und beileibe nicht nur Bier . Und so 10 km vor Cagliari war dann meine Navitante voll in ihrem Element, sie führte uns gefühlt kreuz und quer durch die Stadt, und das bei großer Hitze und sehr viel Verkehr. So langsam stellt man sich ja auf die Fahrweise der Italiener ein, Verkehrsschilder sind nur vage Empfehlungen, überholen so mit 10 cm Seitenstand am Motorrad vorbei, aus den Seitenstrassen fahren sie einfach auf die Vorfahrtsstrasse, ohne zu schauen, der liebe Gott wird es schon richten. Hat auch geklappt, aber man muss verdammt aufpassen. Und dann kamen wir doch am Fährterminal an, wie genau, weiss ich nicht. Muss ich mal zu Hause in die “Trackdatei” schauen (bei den Navis werden alle Bewegungen aufgezeichnet, mit Angabe der Geschwindigkeit. Also Vorsicht, wenn die Polizei mal ins Navi schauen möchte!)
Nur waren wir etwas früh an der Fähre, ca. 4 Stunden. Also hieß es warten. Und wir fanden ein schattiges Plätzchen am Hafenbüro, glücklicherweise mit einer Toilette.
Und das war gut so! Zu uns gesellten sich dann noch 4 weitere Motorradfahrer, 2 Pärchen aus Recklinghausen. Und so verging die Zeit so einigermaßen schnell.
Dann ging es zur Fähre, und wie es üblich ist, dürfen die Motorradfahrer zuerst auf die Fähre. Wir also nach vorne, wo uns ein Einweiser bedeutungsvoll mitteilte, uns doch in die Warteschlange einzureihen. Was wir dann auch taten. Nur die Italiener mit ihren Blechdosen schien das alles nicht zu stören, sie drängten sich nach vorne so weit es ging, ungeachtet der Kommentare anderer “normaler” Italiener, die sich auch angestellt hatten. Aber irgendwie kamen wir doch auf die Fähre, hatten Gott sei Dank eine Kabine mit eigener Toilette gebucht. Und das war gut so.
Und nach 13 Stunden Fährfahrt legten wir dann in Palermo an. Runter von der Fähre, das Navi aktivieren, und los gings. Irgendwie erreichten wir dann eine Straße, auf der unser Navi meinte, wir sollten dieser Straße 8 km folgen. Also konnte ich mich voll auf den Verkehr konzentrieren. Was auch gut war, denn das Gewusel in Palermo entspricht dem in Cagliari hoch 3. Unglaublich, und das an einem Samstagmorgen! Wie mag es wohl in der Woche aussehen. Neu war für mich, daß man auf einer stark befahrenen Straße auch eine 180’ Wende machen kann, einfach los, die anderen werden es schon richten. Schnappatmung! Und diese Fahrerin schaffte es, mich im dichten Verkehr zu überholen, da paßte aber kaum ein Blatt zwischen Auto und Motorrad. An geeigneter Stelle hielt ich dann neben ihr und habe sie auf deutsch beschimpft, sie öffnete dann das Beifahrerfenster, um zu diskutieren, ich bin aber weiter mit dem Erfolg, daß sie nun Respektabstand zu unserer Maschine hielt. Es gab noch einige andere Highlights, aber die spar ich mir. Nur soviel, fahr wie die Einheimischen, dann wird es schon gehen .
Mich haben 2 Fußgänger fasziniert, die freudestrahlend einen vollverstopften doppelten Kreisverkehr diagonal durchquerten und uns dabei direkt vors Motorrad liefen. – Mut zur Lücke
Jedenfalls kamen wir unversehrt aus Palermo heraus, Richtung Agrigento. Die Landstraße erwieß sich nicht unbedingt als der Brüller, eine endlose Baustelle, mit fast durchgehendem Tempolimit von 30 km/h und Überholverbot. Aber wehe man hält sich daran!!! Man muss schon 70-80 fahren, sonst wird man umgefahren. Wie gesagt, in Italien ist alles anders. Als selbst die Policia mich im Überholverbot überholte, war der Weg eigentlich frei.
Entgegen der sonstigen Gewohnheit meiner “Navitante” erreichten wir unsere Unterkunft problemlos, ohne lange Rumkurverei in der Stadt. Danke dafür! Wir haben ein nettes Appartment in einem B&B Hotel gebucht, mit allem was man braucht. Eine tolle Aussicht vom 11.Stock auf die Ausgrabungen und das Meer. Der Besitzer names Mauro, ein junger Mann, hat uns alles toll erklärt. Äußerst freundlich und hilfsbereit, hat mir sogar seinen Parkplatz zur Verfügung gestellt. Das Appartment ist mit allem ausgestattet was man braucht, mit 3 verschiedenen Kaffeemaschinen, und einer Waschmaschine. Das Frühstück wurde ins Appartment gebracht, bestehend aus 2 sizilianischen Sandwiches (mit Tomaten, Basilikum, Käse, grünem Pfeffer und Sardinen), schmeckten hervorragend, Croissants, selbstgemachter Marmelade,Yoghurt…..Hervorragend!!!
Noch ein Tipp für alle, die in den Süden fahren. Geht nicht um 14.00 Uhr in ein Städtchen, es ist alles mausetot, kein Geschäft ist offen, keine Leute, einfach tot. Durch Zufall hatte noch ein kleiner Laden auf, um sich mit den notwendigen Grundnahrungsmitteln ( zB. ) einzudecken. Abends sind wir dann nochmal zur Hauptstraße gegangen, und es war sehr voll, wie es sich für einen Samstagabend in südlichen Gefilden gehört. Alles, was 2 Beine hatte, traf sich zum Flanieren auf der Straße, laut parlierend, wie man es von den Italienern kennt. Aber angenehme Atmosphäre!
Und noch ein Kuriosum (zu mindest für mich “alte Frau”): Ich habe zum ersten mal in meinem Leben einen Automaten gesehen, in dem man Cannabis ziehen kann – und das in reichlicher Auswahl und mit verschiedenen Grammzahlen. Ist das “sizilianisches R….?” . Heute ist Ruhetag angesagt, denn auch ich mußte den Ereignissen Tribut zollen und hatte gestern einen physischen Durchhänger: schlecht geschlafen auf der Fähre, Kopfschmerzen, bisschen Kreislauf… Also ist heute Ruhetag angesagt mit lange schlafen, lange duschen, lange und lecker frühstücken und laaaange auf dem Balkon in der 11.Etage sitzen mit Blick auf die griechischen Ausgrabungen und ausspannen – wunderbar!!! Wir können hingehen, aber wir müssen nicht. Wir können es auch morgen tun, oder auch nicht. Das ist Luxus- der Luxus des Alters. (Gerade hat uns Mauro noch ein Zitroneneis gebracht für das morgige Frühstück- selbstgemacht von seiner sizilianischen Oma. – Ich glaube, es wird den morgigen Tag nicht erleben.)
Schön, dass Ihr inzwischen endlich die italienische Art der Fortbewegung auf zwei oder vier Rädern als die einzig sinnvolle und kulturell durch Teilnahme erhaltenswerte Art erkannt und adaptiert habt.
Wie war noch der ergreifende Spruch von Walter Röhrl? „Ein Auto ist erst dann wirklich schnell, wenn man morgens davor steht und Angst hat, es aufzuschließen.“ – Für Motorräder würde er es wahrscheinlich ähnlich formuliert haben.
Ich jedenfalls kann Euch so nachfühlen und würde so gerne mitspielen…
Hals- und Beinbruch auf Eurer Reise
Gaby & Dieter