13.06.2016 – Vilnius

Unsere Entscheidung, noch einen Tag in Sigulda zu verlängern, war goldrichtig. Es regnete den ganzen Tag, und es war sehr kalt. Wir hätten eine Horrorfahrt gehabt.
Am nächsten Tag schien die Sonne, und wir machten uns auf den Weg zu unserem Zwischenziel „Berg der Kreuze“ in der Nähe der Stadt Siaulai. Die Fahrt dorthin erwies sich als Schaukelpartie, die Fahrbahndecke bestand bis Riga fast nur aus Asphaltflicken, dazu noch tief ausgefahrene Spurrillen, und so etwas für eine Hauptverbindungsstrasse vom östlichen Teil Litauens in die Hauptstadt. Und zu allem Überfluss führte uns das Navi mitten durch Riga, mit auch schlechten Strassenabsschnitten mit Kopfsteinpflaster. Fahrerisch schon eine kleine Tortour!
Dann Richtung Siaulai ging es besser, und immer schnurgerade Strassen, ein (Alb)Traum. Doch dann sorgte das Navi für Abwechlung. Es führte uns über eine ca. 5 km Schotterstrasse zum „Berg der Kreuze“, war leider vorher nicht so zu erkennen. Und wir waren ganz allein, komisch, bei einem so berühmten Wallfahrtsort? Aber dann haben wir doch dass Ziel erreicht, und wir waren nicht allein, denn alle anderen Besucher sind halt von der anderen Seite über gute Strassen dorthin gekommen.

Um die Entstehung des „Berg der Kreuze“ ranken sich einige Legenden. So sollen zur Zeit der Niederschlagung der Aufstände gegen den Zarismus (1831/1863) die Bewohner begonnen haben, auf dem Hügel Kreuze zu errichten im Gedenken an die Toten der Aufstände. Bis Ende 1940 sollen dort ca. 400 Kreuze gestanden haben, Danach kamen die Kreuze für die Opfer des Stalinismus dazu, als Tausende nach Sibirien deportiert wurden.

Berg der Kreuze

Diese Gedenkstätte war natürlich den sowjetischen Machthabern ein Dorn im Auge und sie haben den Hügel 1961 und 1975 pattgewalzt, was aber nichts nutzte, es wurden sofort wieder neue Kreuze aufgestellt.
Den Höhepunkt erlebte der Berg durch den Papstbesuch im September 1993, zu dessen Ehren ein Papstkreuz errichtet wurde (wie auf der Halde Haniel) und zu einem Wallfahrtsort für alle Katholiken ernannt wurde.

Berg der Kreuze, im Vordergrund das Kreuz von Papst Paul Johannes II

Es war schon ein beeindruckendes Erlebnis, alle diese Kreuze zu sehen, in allen Größen, in vielen Sprachen, unendlich viele Rosenkränze hingen an den Kreuzen, ein wirklich beeindruckendes Erlebnis.
Noch eins , Studenten haben versucht, die Kreuze zu zählen. Nach 50.000 Kreuzen haben sie aufgegeben, man schätzt so an die 200.000 Kreuze.

Die Fahrt nach Vilnius war wieder recht eintönig, viel geradeaus, die Strassenplaner haben schon den Standpunkt vertreten:
„Die kürzeste Entfernung zwischen zwei Punkten ist die Gerade“
Kann man ja auch machen, ist ja Platz genug 🙂
Nach knapp 400 km  sind wir dann am späten Nachmittag in Vilnius angekommen, haben die Unterkunft gut gefunden, kein Problem.
Wir haben uns ein Apartment ein bisschen außerhalb der Altstadt ausgesucht, wieder mit Waschmaschine. Wir wohnen zwar wieder im 6.Stock, aber diesmal mit Aufzug 🙂 🙂 und einem Balkon mit Blick auf die Altstadt von Vilnius.

Blick von unserem Apartment auf die Altstadt von Vilnius

Zum Glück gibt es einen wirklich sehr gut ausgestatteten Supermarkt in der Nähe und nach dem Einkauf und einer Kleinigkeit zum Abendessen haben wir uns auf dem litauischen Sender das Fußballspiel Deutschland gegen Ukraine angesehen, ich erspare mir jeglichen Kommentar.

Nach einem hervorragnden Frühstück gings in die Altstadt. Mein erster Eindruck war nicht so berauschend, um den Rathausplatz tobte ein Mordsautoverkehr, der große Platz wirkte aber irgendwie tot.

Vilnius Rathausplatz

Auch im weiteren Verlauf musste man mehr auf den Verkehr achten als sich die schönen Gebäude anzuschauen. Gut, soviel gibt es nicht davon, im Vergleich zu Riga oder Tallinn, vielleicht bin ich von dort zu verwöhnt. Anschauenswert ist auf jeden Fall die Universität sowie die Gegend um den Kathedralenplatz.
Interessant schien im Osten der Stadt das „Uzepio“ Viertel, auch als „Montmartre von Vilnius“ bezeichnet. Dieser Ort hat sich am 01. April 1997 als PR-Gag als „Republik Uzipus“ ausgerufen, mit speziellen Pässen, einem Präsidenten, Bischof und einer Armee bestehend aus 12 Leuten und einer eigenen Verfassung. Als Schutzheiliger wurde Frank Zappa auserwählt. Man darf das Ganze nicht so ernst nehmen.

Aber der Besuch im Vergleich zu Montmartre war doch sehr ernüchternd. Ohne diesen PR-Gag würden sich sehr wenige Touristen an diesen Ort verirren, aber so werden busseweise die Leute dorthin gekarrt. Vielleicht mag dort abends, im Hochsommer und am Wochenende mehr los sein, aber mir hat sich der Ort nicht erschlossen.

Die Verfassung der Republik Uzupio

Morgen wollen wir zum „Schloss Trakai“ fahren, laut Reiseführer ein „Muss“ und zu dem „Geographischen Mittelpunkt Europas“, mal sehen.

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