16.06.2016 – Letzter Tag im Baltikum

Für heute hatten wir nur zwei Ziele, das Frank Zappa Denkmal und einmal die Haupteinkaufsstrasse „Gedimino Prospekt“entlang laufen.
Das Frank Zappa Denkmal ist gar nicht weit von unserer Unterkunft entfernt, und steht eigentlich in keinem örtlichen Zusammenhang mit dem Schutzpatron der „Unabhängigen Republik Uzupis“.

Die Frank Zappa Statue

Was hat Frank Zappa mit Vilnius zu tun?
Kurz und einfach.
Nichts!
Der Vorsitzende des Frank Zappa Fanclubs kam auf die Idee, eine Büste seines Idols aufzustellen, um die nach der Unabhängigkeit erlangte Freiheit zu testen. Und so reichte er den Antrag an die Stadt Vilnius ein, und für alle überraschend stimmte die Stadt zu, Bedingung: es darf die Stadt nichts kosten.
Und so kam Frank Zappa dann im Jahre 1995 als Statue nach Vilnius, an den Platz, an dem vorher eine Lenin Statue stand.

Der „Gedimino Prospekt“ ist eine schnurgerade Strasse mit Geschäften, Bars, Restaurants usw. wie wir es bei uns auch kennen (gut, nicht in unserer Heimatstadt). Der Boulevard beginnt an dem Kathedralenplatz und endet an dem Fluss Neris, eine Strecke von ca. 1,8 km, mit vielen Geschäften, Restaurant, staatlichen Einrichtungen usw. Macht einen tollen Eindruck.
Auch hier gibt es ein KGB Museum, den Besuch haben wir uns allerdings  nach unseren letzten Erfahrungen erspart. In diesem als Gerichtshof errichteten  Gebäude trieb ab 1941 die Gestapo ihr Unwesen, ab 1944 übernahm der KGB die Herrschaft bis zur Wende. An der Aussenwand sind die Namen von 199 Opfern eingemeißelt, die in der Zeit von 1945-1946 dort vom KGB ermordet wurden. Bis zum Jahre 1961 sind dort noch Todesurteile vollstreckt worden. Grausam.

Ein wichtiges Gebäude muss ich allerdings noch vorstellen:
Unser „Maxima Supermarkt“, wir haben uns jeden Tag dort etwas zum Abendessen besorgt, warmes Gemüse und etwas Fleisch, je nach Gusto.

Unsere Verpflegungsstation in Vilnius

Es hat super geschmeckt, wir brauchten uns nicht jeden Abend ausgehfertig zu machen, konnten in aller Ruhe die EM verfolgen, und haben obendrein noch Geld gespart.

Morgen ist das Kapitel „Baltikum“ vorbei, es geht nach Polen Richtung Masurische Seenplatte und von dort am Montag nach Danzig. Wir hoffen weiter auf Glück mit dem Wetter, denn bis auf Sigulda und einem kräftigen Schauer gestern haben wir bisher ein Riesenglück gehabt, und das soll auch so bleiben 🙂

Für ein Resumee, was das Baltikum betrifft, ist es noch zu früh, man muss die Eindrücke von 4 Wochen erst einmal sacken lassen.
Wir sind froh, dass wir die Tour angetreten haben, und sind bisher total zufrieden!!!!!!

15.06.2016 – Vilnius

Heute standen zuerst die Synagoge und die in der Nähe liegenden Markthallen auf dem Programm, nicht weit von unserer Unterkunft entfernt.
Die Synagoge ist als einzige von ehemals 96 Synagogen übriggeblieben, die Zeiten des 2. Weltkrieges und der anschließenden sowjetischen Besatzung haben ihre Narben hinterlassen.
Die viel gepriesenen „Hales Markthallen“ entpuppten sich als doch

enttäuschend, nicht zu vergleichen mit Riga. Einige Fleisch- und Fischstände, überwiegend wurde Kleidung verkauft.

Weiter zum „Tor der Morgenröte“, von außerhalb ein unscheinbares Stadttor, aber sobald man hindurchgetreten ist, und sich umdreht, sieht man innerhalb des Torbogens eine Kapelle mit der schwarzen Madonna. Als wir dort waren, wurde gerade eine Messe in polnischer Sprache von einem polnischen Priester abgehalten. Es handelte sich um eine polnische Pilgergruppe mit eigenem Priester, die auf einer 14-tägigen Wallfahrt unterwegs sind.

Blick von der Tor-Kapelle Richtung Altstadt

In ganz Vilnius gibt es über 100 Kirchen, von denen haben wir heute gefühlte 20 Kirchen gemacht, nachher wurde es zuviel.
Eins muss man sagen, der Besuch von Papst Paul Johannes II. Im Jahre 1994 hat hier und überall im Baltikum nachhaltige  Spuren hinterlassen.

Vorher hatte ich schon mal die Synagoge erwähnt; aus dem einst als „Jerusalem des Nordens“ bezeichneten Teil von Vilnius ist neben einer Gedenktafel nichts mehr übrig geblieben.

Gedenktafel im ehemaligen Judenghetto

40.000 Juden waren in 2 Ghettos eingepfercht, von denen 3.000 Juden die Deutschen überlebt haben. Nach der Befreiung durch die Russen zerstörten diese alle Ghettos und Synagogen, und nur 800 Juden haben diesen Progrom überlebt.
Da schnürt es einem schon die Kehle zu……..

Wobei erstaunlicherweise der Hass nicht eimal gegen die Deutschen gerichtet ist, sondern ausschließlich gegen die damalige UDSSR. Auch hat Litauen seine Rolle innerhalb des 2. Weltkrieges wohl noch nicht aufgearbeitet (Quelle Reiseführer), es soll eine nicht unerhebliche Anzahl von Kollaborateuren gegeben haben……aber das ist nicht an uns, das zu bewerten.
Einen Gang durch das „Kleine Ghetto“ sollte man unbedingt machen, schöne kleine Gassen mit sehr schönen Restaurants, es ist eine „Wohlfühlatmosphäre“, ein „Muss“.

Und als Abschluss des Tages konnten wir noch einen Umzug von „Hare Krishna Jüngern“ miterleben, farbenfroh, ein bisschen einseitige Musik, aber originell.

Eine Hare-Krishna Prozession

Ich hab ja mit vielem gerechnet, aber damit nicht, ich war wohl irrigerweise der Meinung, die Bewegung hätte sich überlebt.

Der heutige Tag hat meine vorherige skeptische Meinung zu Vilnius doch ein bisschen zurechtgerückt. Einen Tag haben wir ja noch…..

14.06.2015 – Vilnius und Umgebung

Für heute stand die Inselburg Trakai, ca. 25 km westlich von Vilnius auf dem Programm.
Die Fahrt aus der Stadt heraus kann man als abenteuerlich bezeichnen, zu den fragwürdigen Fahrkünsten einiger Verkehrsteilnehmer kamen noch die sehr schlechten Strassenverhältnisse dazu. Eine der Hauptausfallstrassen gespickt mit Bodenwellen und riesigen Schlaglöchern, kaum vorstellbar. Einmal aus der Stadt war es dann wieder besser.
Man kann unendlich viel über die Historie der Burg erzählen, die Inselburg Trakai ist die einzige Wasserburg Osteuropas und wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts renoviert, die Fertigstellung gelang zu Zeiten der sowjetischen Besatzung.

Burg Trakai

Es ist wirklich ein beeindruckender Anblick, wenn man bedenkt, daß die Burg um 1400 erbaut wurde. Die ehemaligen Garnisonsunterkünfte innerhalb der Burg sind zu einem interessanten Museum umgebaut.

Innenhof Burg Trakai

Zur Burg gelangt man über eine Holzbrücke, innerhalb des Burggrabens befanden sich einige Gestalten, die wohl dem geneigten Besucher das Leben des Mittelalters nahebringen sollten.
Die Burg an sich ist nicht besonders groß, die Räume sind schön instandgesetzt, jeder Raum war einem gewissen Zeitabschnitt der Historie der Burg gewidmet.

Die Burg

Nach einem Rundgang um die Aussenburg sahen wir den Grund der mittelalterlichen Gestalten im Burggraben. Die waren Bestandteil von Filmaufnahmen, und es liefen die Vorbereitungen, um die Szenen mittelalterlichen Lebens darzustellen.
Erwähnenswert sind auch die Häuser der Karäer, einer ehemaligen jüdischen Sekte, die nur das Alte Testament anerkannten, nicht aber den Talmund undd die rabbinische Tradition.
Die Häuser wurden aus Platzgründen mit dem Giebel zur Strasse gebaut, und haben 3 Fenster (je eines für den Hausherrn, eins für Gott und eins für den Fürsten).

Ein Teil der Heräerhauser in Trakai

Die Karäer sind seit Ende des14. Jh. ansässig, ausgestattet mit Sonderrechten bis heute. Die Volksgruppe besteht aus 250 Personen, von denen 50 noch in Trakai leben.

Nicht daß wir uns falsch verstehen, den Rundgang haben wir nicht in Motorradsachen unternommen, vorher ziehen wir uns schon noch um…

Unsere Umziehaktion

Weiter ging es dann zum „Geographischen Mittelpunkt Europas“, ca. 25 km nördlich von Vilnius. Ich hatte mir eine Nebenstrecke ausgesucht, und es war im Vergleich zu den bisherigen Strecken ein Traum, schöne Kurven, hügelig, sehr gute Strassen.
Bis ein Schild „Baustelle“ auftauchte!
Und das war eine Baustelle, der zu befahrende Teil war Schotter, allerdings vorher wohl gewässert, rutschig, dreckig, viele Schlaglöcher, grausam. Und wenn ein Aspaltstück auftaucht und man meint, es wäre vorbei, falsch!!! Es kommt immer noch ein Teil, auf dem man nur auf nassem Schotter und Sand fahren kann. So hatte ich mir das nicht vorgestellt! Umdrehen ging auch nicht, also durch. Nach 10 km Horror dann wieder normales Fahren, wunderschöne Villen, tolle Strassen (klar, wer Geld hat und Einfluss, dann geht es schon mal schneller mit der Sanierung -:) )
Und so sieht das Motorrad nach der Fahrt aus, verdreckt bis zum Topcase!!

Nach der Überlandfahrt

Der „Geographische Mittelpunkt Europas“ ist von französischen Geologen ermittelt worden, und seit dem Beitritt Litauens in die EU (01.05.2004) stehen dort die Flaggen der EU-Länder.

Der Geopraphische Mittelpunkt Europas sowie mein Mittelpunkt

Eins ist klar, Trakai sollte unbedingt zu dem Besuchsprogramm gehören, der Mittelpunkt gehört so mehr zu der „Nice to see“-Kategorie.

Dort trafen wir eine Touristengruppe aus Dresden, die aus Behinderten in Rollstühlen mit ihren Partnern bestand. Der Reisebus war mit einer Hebebühne ausgestattet und alle Teilnehmer waren „gut drauf“, am Mittelpunkt Europas gab es erst mal für alle ein Schnäpschen oder einen    Eierlikör. Eine redselige gutgelaunte Truppe! Bewundernswert…

13.06.2016 – Vilnius

Unsere Entscheidung, noch einen Tag in Sigulda zu verlängern, war goldrichtig. Es regnete den ganzen Tag, und es war sehr kalt. Wir hätten eine Horrorfahrt gehabt.
Am nächsten Tag schien die Sonne, und wir machten uns auf den Weg zu unserem Zwischenziel „Berg der Kreuze“ in der Nähe der Stadt Siaulai. Die Fahrt dorthin erwies sich als Schaukelpartie, die Fahrbahndecke bestand bis Riga fast nur aus Asphaltflicken, dazu noch tief ausgefahrene Spurrillen, und so etwas für eine Hauptverbindungsstrasse vom östlichen Teil Litauens in die Hauptstadt. Und zu allem Überfluss führte uns das Navi mitten durch Riga, mit auch schlechten Strassenabsschnitten mit Kopfsteinpflaster. Fahrerisch schon eine kleine Tortour!
Dann Richtung Siaulai ging es besser, und immer schnurgerade Strassen, ein (Alb)Traum. Doch dann sorgte das Navi für Abwechlung. Es führte uns über eine ca. 5 km Schotterstrasse zum „Berg der Kreuze“, war leider vorher nicht so zu erkennen. Und wir waren ganz allein, komisch, bei einem so berühmten Wallfahrtsort? Aber dann haben wir doch dass Ziel erreicht, und wir waren nicht allein, denn alle anderen Besucher sind halt von der anderen Seite über gute Strassen dorthin gekommen.

Um die Entstehung des „Berg der Kreuze“ ranken sich einige Legenden. So sollen zur Zeit der Niederschlagung der Aufstände gegen den Zarismus (1831/1863) die Bewohner begonnen haben, auf dem Hügel Kreuze zu errichten im Gedenken an die Toten der Aufstände. Bis Ende 1940 sollen dort ca. 400 Kreuze gestanden haben, Danach kamen die Kreuze für die Opfer des Stalinismus dazu, als Tausende nach Sibirien deportiert wurden.

Berg der Kreuze

Diese Gedenkstätte war natürlich den sowjetischen Machthabern ein Dorn im Auge und sie haben den Hügel 1961 und 1975 pattgewalzt, was aber nichts nutzte, es wurden sofort wieder neue Kreuze aufgestellt.
Den Höhepunkt erlebte der Berg durch den Papstbesuch im September 1993, zu dessen Ehren ein Papstkreuz errichtet wurde (wie auf der Halde Haniel) und zu einem Wallfahrtsort für alle Katholiken ernannt wurde.

Berg der Kreuze, im Vordergrund das Kreuz von Papst Paul Johannes II

Es war schon ein beeindruckendes Erlebnis, alle diese Kreuze zu sehen, in allen Größen, in vielen Sprachen, unendlich viele Rosenkränze hingen an den Kreuzen, ein wirklich beeindruckendes Erlebnis.
Noch eins , Studenten haben versucht, die Kreuze zu zählen. Nach 50.000 Kreuzen haben sie aufgegeben, man schätzt so an die 200.000 Kreuze.

Die Fahrt nach Vilnius war wieder recht eintönig, viel geradeaus, die Strassenplaner haben schon den Standpunkt vertreten:
„Die kürzeste Entfernung zwischen zwei Punkten ist die Gerade“
Kann man ja auch machen, ist ja Platz genug 🙂
Nach knapp 400 km  sind wir dann am späten Nachmittag in Vilnius angekommen, haben die Unterkunft gut gefunden, kein Problem.
Wir haben uns ein Apartment ein bisschen außerhalb der Altstadt ausgesucht, wieder mit Waschmaschine. Wir wohnen zwar wieder im 6.Stock, aber diesmal mit Aufzug 🙂 🙂 und einem Balkon mit Blick auf die Altstadt von Vilnius.

Blick von unserem Apartment auf die Altstadt von Vilnius

Zum Glück gibt es einen wirklich sehr gut ausgestatteten Supermarkt in der Nähe und nach dem Einkauf und einer Kleinigkeit zum Abendessen haben wir uns auf dem litauischen Sender das Fußballspiel Deutschland gegen Ukraine angesehen, ich erspare mir jeglichen Kommentar.

Nach einem hervorragnden Frühstück gings in die Altstadt. Mein erster Eindruck war nicht so berauschend, um den Rathausplatz tobte ein Mordsautoverkehr, der große Platz wirkte aber irgendwie tot.

Vilnius Rathausplatz

Auch im weiteren Verlauf musste man mehr auf den Verkehr achten als sich die schönen Gebäude anzuschauen. Gut, soviel gibt es nicht davon, im Vergleich zu Riga oder Tallinn, vielleicht bin ich von dort zu verwöhnt. Anschauenswert ist auf jeden Fall die Universität sowie die Gegend um den Kathedralenplatz.
Interessant schien im Osten der Stadt das „Uzepio“ Viertel, auch als „Montmartre von Vilnius“ bezeichnet. Dieser Ort hat sich am 01. April 1997 als PR-Gag als „Republik Uzipus“ ausgerufen, mit speziellen Pässen, einem Präsidenten, Bischof und einer Armee bestehend aus 12 Leuten und einer eigenen Verfassung. Als Schutzheiliger wurde Frank Zappa auserwählt. Man darf das Ganze nicht so ernst nehmen.

Aber der Besuch im Vergleich zu Montmartre war doch sehr ernüchternd. Ohne diesen PR-Gag würden sich sehr wenige Touristen an diesen Ort verirren, aber so werden busseweise die Leute dorthin gekarrt. Vielleicht mag dort abends, im Hochsommer und am Wochenende mehr los sein, aber mir hat sich der Ort nicht erschlossen.

Die Verfassung der Republik Uzupio

Morgen wollen wir zum „Schloss Trakai“ fahren, laut Reiseführer ein „Muss“ und zu dem „Geographischen Mittelpunkt Europas“, mal sehen.